Ende 2024 erschien bei Obscurati Publishing Mythos Country, das ich mir als PDF über Drivethrurpg sicherte. Da es in dem Spiel darum geht, auf einer Karte ein Setting mit Mythos-Kram anzureichern, nahm ich mir die Ferraris-Karte meines Heimatortes, um das Gebiet rund um Alsdorf Ende des 18. Jahrhunderts darzustellen, als das Gebiet zu den österreichischen Niederlanden gehörte. Wild.

Ich verwende zur Bestimmung der Zufallsereignisse mein Cthulhu-Pokerkartendeck, das eines meiner ersten Crowdfunding-Projekte war und das erste mit einigen Jahren Verspätung. Nur für ein Kartendeck! Gute Gelegenheit, diese hübschen Karten mal auszupacken! 

Akt I: Vor Äonen

In der vorhistorischen Zeit lebten hier zwei vormenschliche Zivilisationen. Ältere Wesen, die wir mal in Merkstein platzieren und Mi-Go, die an der Kreuzung nördlich von Zopp landen. Die Älteren Wesen expandieren nach Süden und gründen damit wohl Herzogenrath (hier Rolduc auf der Karte). Die Mi-Go fühlen sich an ihrem Ort ganz wohl und erlangen einen merklichen wirtschaftlichen Aufschwung, der ihnen zu Wohlstand verhilft. Die Älteren Wesen errichten eine weitere Siedlung weiter südlich, die Mi-Go nutzen ihren Aufschwung im Konflikt mit einer anderen Spezies und gewinnen einen Krieg. Die Älteren Wesen müssen eine Siedlung aufgeben, vielleicht weil die wirtschaftliche Vormachtstellung der Mi-Go sie dazu zwingt. Die südlichste Kolonie wird wieder entfernt. Die Mi-Go können den gewonnen Krieg gegen die andere Spezies nutzen, und diese zur Zusammenarbeit überreden. Es wird ganz sicher keine Sklavenrasse von Echsenmenschen etabliert. Die Älteren Wesen müssen eine weitere Siedlung aufgeben (ernsthaft, zuerst ♠ 3 und dann ♣ 3 zu ziehen, um dann mit ♦ Dame und ♥ Dame zu folgen, um exakt diese Abfolge zu haben ist unwahrscheinlicher als 1 zu 5 Millionen oder so …). Die Mi-Go überreden eine weitere Zivilisation zur Zusammenarbeit (♣ 8, nach der ♠ 8 …) und ich denke, dass sie nun die älteren Wesen “überreden” “zusammenzuarbeiten” … was den Älteren Wesen aber tatsächlich hilf, denn die Zusammenarbeit mit den Mi-Go führt zu einem wirtschaftlichen Aufschwung! Und die Mi-Go erhalten im Gegenzug ihr erstes Negatives Ereignis, als uraltes Wissen verloren geht. Ich vermute, das sie sich zu sehr auf ihre Sklavenvölker verlassen haben und nun in Dekadenz einige Wissenschaften ausgelagert haben, die sie als unter ihrer Würde betrachteten. Vielleicht war es eine Schutzschildtechnologie, welche die Älteren Wesen nun einsetzten, um das gemeinsame Reich von Mi-Go und der Echsenmenschen vor äußeren Einflüssen zu schützen. Die Mi-Go nutzen ihre Zeit, um die klimatischen Bedingungen der Gegend zu ihrem Vorteil zu verändern, was für eine weltraumreisende Spezies etwas schräg ist, aber vielleicht wollen sie mehr Sonnenstunden für ihre Echsensklaven, damit diese effektiver arbeiten. Die Zivilisation der Älteren Wesen wird aus der Region verdrängt und geht unter! Vermutlich wurden die Echsenmenschen durch die Sonneneinstrahlung so viel besser, dass die Mi-Go keinen Bedarf mehr an ihren anderen Dienern hatten und ließen sie vergehen. Zu Ehren ihres “Sieges” über die Älteren Wesen errichten die Mi-Go ein bemerkenswertes Bauwerk südlich ihrer Siedlung. Eine weitere Zivilisation vergeht neben den Mi-Go. Vielleicht haben die Echsenmenschen ihre Schuldigkeit getan und alle ihre Gehirne wurden katalogisiert, so dass die Mi-Go keinen Bedarf mehr an ihnen zeigen. Ob der Verzicht auf Sklavenvölker so clever sein wird? Jedenfalls bringen ihnen diplomatische Erfolge Frieden mit anderen, bisher nicht definierten Spezies auf der Erde. Schutzschilde alleine reichten ihnen wohl nicht. Aber es kommt zu Problemen, denn die Spezies mit Gehirnen die es zu ernten lohnt drohnen zur Neige zu gehen und es kommt zu gesellschaftlichen Unruhen, als die Knappheit die Mi-Go vor das Problem stellt, sich andere Hobbys suchen zu müssen. Jedenfalls können es keine sinnvollen Hobbys gewesen sein, denn die Zivilisation der Mi-Go versinkt in Dekadenz und ihre Zivilisation stirbt aus. 

Jede ausgelöschte Zivilisation hinterlässt Relikte und für die Älteren Wesen sind dies die Ruinen ihrer beiden verlassenen Siedlungen, ein Artefakt und Grabmäler. Die Grabmäler dienen ihnen selbst, da der Niedergang ihrer Zivilisation absehbar war und ihre Versklavung durch die Mi-Go schildert, eine letzte Möglichkeit, Respekt vor verlorener Größe zu wahren. Das hinterlassene Artefakt ist eine Möglichkeit, sie zurück zu rufen, sollten die Mi-Go einmal selbst vergehen, da sie in diesem Zeitalter keine Möglichkeit mehr sahen zu bestehen. Die Mi-Go hinterlassen ein schlafendes Älteres Wesen als Sklaven, das ihre Schutzschildtechnologie in einer der verlassenen Siedlungen bewachen soll, sowie mumifizierte Echsenmenschen, die eine Waffe bewachen, die im Zeitalter des Friedens als Symbol überkommener Konflikte ausgestellt wurde und sich dem Verständnis von Menschen entziehen sollte, da nicht einmal die Echsenmenschen sie damals benutzen konnten. Ein Grabmal in den Ruinen ihrer alten Siedlung enthält Mythos-Inschriften über ihre Taten und die Versklavung der anderen Völker und wie man ihren Willen brechen kann. 

Akt II: Die jüngere Vergangenheit

Wir haben die passende Karte, also nehmen wir das Ende des 18. Jahrhunderts. 

Wir beschreiben das Schicksal von zwei Gesellschaften und nehmen mal den Wächterbund als Mythosjäger sowie die Bockreiter als Kultisten. Anstatt dafür Karten zu ziehen, habe ich das in dieser Runde einfach bestimmt und zähle den Wächterbund als “Druidischen Zirkel” und die Bockreiter als “Mythos-Kult”. 

Ich mische den Pokerstapel neu und wir bestimmen, was mit dem Wächterbund geschieht. Eine Prophezeiung erfüllt sich. Da dies auch ein “Zeugnis der Vergangenheit” triggert, bestimmt ich, dass dem Wächterbund ein Kind geboren wird, das dem Wächterbund zur Macht verhelfen und für dessen Fortbestand sorgen soll. Das Oberhaupt der Bockreiter verstirbt bei einem Unfall, über den böse Zungen behaupten, dass eine Ziege involviert war. Nachfolgestreitigkeiten sorgen für Zerwürfnisse innerhalb des Kultes. Der Wächterbund kann weiterhin im Geheimen agieren, da ihre Gönner über genug Geldmittel verfügen, um alle zu bestechen, die sie nicht eh auf ihre Seite ziehen konnten. Die Bockreiter verlieren im Zuge dessen einen wichtigen lokalen Adligen, der seine Zukunft eher beim Wächterbund sieht, dessen okkulte Geheimnisse viel sicherer anzuwenden sind. Der Wächterbund empfängt ein weiteres gesalbtes Kind, mit dem man nun nicht gerechnet hat! Sie beziehen aber die (nun unterirdischen) Ruinen im Westen der Karte, die sie als sicher erachten, um die Kinder dort in Sicherheit zu wiegen. Der Wächterbund sichert sich die Unterstützung der Inquisition und vernichtet die Bockreiter gemeinsam mit den Vertretern der Kirche. Der Kult war dermaßen geschwächt, dass sie kein Zeugnis ihrer Existenz hinterlassen und nur eine Fußnote für lokale Historiker bleiben, die bei der Auslegung der historischen Dokumente so viele Fehler begehen, dass die eigentlichen und mythischen Ziele der Gruppe komplett verschleiert werden. Durch die wegfallende Kultaktivitäten kann sich der Wächterbund die Unterstützung weiterer Adliger sichern, denen ansonsten einfach langweilig werden würde. Die Mittel ermöglichen die Freilegung weiterer äoenalter Grabstätten. Ein Adliger fordert allerdings die Ruinen für sich, wodurch der Kult große Teile der Ruinen nicht mehr für die eigenen Forschungen nutzen kann. Der Adlige und einige Führungsmitglieder des Bundes erliegen kurz darauf einen schrecklichen Krankheit, die mit den Ruinen in Verbindung gebracht wird und die Gruppe beschließt, dort nicht weiter zu forschen. Die mysteriösen Todesfälle beunruhigen die örtliche Bevölkerung so sehr, dass das Hauptquartier des Wächterordens zerstört wird, da Hexerei vermutet wird. Viele Führungsmitglieder sterben und der Rest beschließt, sich zu zerstreuen, um die erwählten Kinder keiner konzentrierten Gefahr mehr auszusetzen. Der Wächterbund zerbricht.      

      

Akt III: Die Gegenwart

Für die Gegenwart mischen wir das Kartendeck erneut und bestimmen nun drei Mythos-Gruppen, um die Einmischungen der Kreaturen moderat zu halten. Es werden eine einzelne Mythos-Entität (das Ältere Wesen, das versklavt wurde, scheint mir da zu passen), Schlangenmenschen (oh, vielleicht abgespaltene Nachfahren der versklavten Echsen) sowie eine einzelne Hexe. Es gibt keine konkreten Ereignisse mehr und es wird für jede Fraktion nur eine Karte gezogen. Das Ältere Wesen erhält eine ♠ 2 und ich bestimme, dass es langsam erwacht und sich seiner gewahr wird. Es glaubt, dass das Artefakt aktiviert wurde und möchte die Kontrolle über die Region erlangen, aber erst muss es erfahren, welche anderen Völker aktiv sind und ob diese eine Bedrohung darstellen. Es erlangt die Kontrolle über die verschütteten Ruinen im Westen. Die Schlangenmenschen erhalten ♥ 6 also ein schlechtes Ereignis. Die Schlangenmenschen-Linie droht endgültig zu versiegen und sie sind verzweifelt. Wenn sie nicht die Legenden um die Reste der Echsenmenschen und die ultimative Waffe, die sie verbergen sollen, auflösen können, werden sie untergehen, was sie für einen Mythos-Kult ungewohnt aggressiv und verzweifelt vorgehen lässt. Die Hexe musste dank ♦ 7 vor kurzem wegen einer Vorhersage die einer einflussreichen Person gar nicht passte fliehen und sitzt nun in einem abgeranzten Wohnwagen auf dem Pöppelsparkplatz bei Schloß Ottenfeld. Sie besitzt zwar magische Kräfte, ist aber lausig im Umgang mit Menschen, muss aber wohl bald Hilfe annehmen, da schon Leute wegen anderer Dinge an ihrem Wohnwagen gefragt haben und sie mindestens einen von ihnen verflucht hat … was sie nicht mehr weiß ist, dass sie eine Nachfahrin des Wächterbundes ist und dank ihrer Blutlinie auch die Bannzauber über deren altem Hauptquartier auflösen kann, um den Orden ggf. neu gründen zu können! 

Und das wäre dann die Situation, in der beispielsweise die Spielercharaktere für eine Rollenspielsitzung starten können. 

Fazit

Tatsächlich hätte ich mir von Mythos Country mehr Unterstützung darin gewünscht, Kreatitivität zu lenken oder zumindest mehr Optionen über die Tabellen anzubieten. Die Hinweise zur Erstellung des Settings und Hilfsmittel bleiben recht generisch, sodass der allergrößte Teil der Arbeit dann bei der Gruppe bleibt, bzw. dann bei mir alleine im Solo-Modus und die Mechanik des Spiels kaum mehr als ein Stichwortgeber sein kann. Auch die Aufteilung in drei Zeitalter brachte zumindest in meinem Spielbeispiel keinen wirklichen Mehrwert, denn ich brauche ja die Konflikte des Rollenspiels in der Gegenwart, die sich aber oftmals zumindest nicht für mich ersichtlich zusammenführen ließen, wie etwa die zugegebenermaßen extrem unwahrscheinlichen Gründungen von Siedlungen und deren Aufgabe. Wie sollen die sich von den Städte, Ruinen, Grabstätten oder anderen ziehbaren Ereignissen unterscheiden, wenn das Geschehen eh Millionen Jahre später spielt? Die enthaltenen historischen Karten von Neu-England in den USA und Providence sind leider auch so unruhig und bereits voll, dass dort kaum Platz für die eigenen Notizen bleibt. Als gemeinsames Erzählspiel zur Erschaffung einer Provinz sehe ich es auch nicht wirklich. So bleibt Mythos Country leider enttäuschend für mich, da die gerade mal 40 Seiten des PDFs mir leider nicht genug Handwerkszeug liefern, um das Spielziel zu erreichen oder mich bei der Erstellung entsprechend zu unterhalten.

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