Hallo zusammen!
Heute geht es mal wieder um ein Thema, bei dem es absurd scheint, dass es noch nicht an der Reihe war – Michael und Thomas sprechen heute über Universalrollenspiele. Also solche, die kein eingebackenes Setting mit sich bringen – Spiele wie FATE, Savage Worlds, GURPS … und womöglich auch D&D? Wobei das zu diskutieren sein wird …
Natürlich gibt es auch allerhand Themen vor dem Thema, allem voran die Tatsache, dass die DORP als Gesamtprojekt diese Woche ihr Vierteljahrhundert der Existenz vollgemacht hat! Aber auch sonst gibt es ein paar Sachen zu besprechen, freilich ergänzt um die Medienschau und begleitet von Timecodes, weiterführenden Links und Hinweisen unten in den Shownotes.
Viele Grüße,
eure DORP
DORPCast 237: Losgelöst von allen Welten – Universalrollenspiele
00:00:29 Intro
00:00:53 Feedback-Schleife
00:01:28 Die DORP wird 25!
00:02:24 Kommender DORP-Download: Savage Worlds Encounters Nr. 4
00:03:16 Neues Jubiläums-T-Shirt-Motiv
00:03:30 Der Tom ist fleißig!
00:04:41 Unser altes Brettagoge-Gastspiel von 2016
00:05:59 Gelebte Demokratie
00:06:51 Medienschau: Weird
00:09:48 Violet Evergarden
00:15:47 Zum Thema!
00:17:31 Interessant und uninteressant zugleich
00:19:30 Auch Skalierung kann ein Problem sein
00:20:48 EIN System, sie alle zu knechten?
00:22:45 Andererseits ist es schon nett, sich als ‘Weltenschöpfer’ nicht mit Regeldesign plagen zu müssen
00:23:21 Weltenhopper-Settings
00:24:10 Universalsysteme sind immer auch Werkzeugkästen
00:25:23 Von den Universal-Settingprodukten, die es einst gab
00:26:09 D&D, d20 und 5E als Lingua Franca
00:29:28 Ist D&D ein Universalsystem?
00:31:36 Nennung ehrenhalber: Schnutenbach hält die Universal-Setting-Fahne weiter hoch
00:32:49 Universalsettings, marktwirtschaftlich betrachtet
00:34:35 Einheitlichkeit oder Einheitsbrei?
00:36:19 Universelle Werkzeugkästen gehen gut, Settingbände dazu sind schwieriger
00:37:22 Universelle Regeln für andere Rollenspiele nutzen
00:38:06 Wo steht Michael denn selber so?
00:38:25 Der Versuch eines Fazits
00:40:05 Und ihr so?
00:40:35 Sermon 3.6
00:41:31 Adieu
Aus der Medienschau
25 Jahre DORP
- Der Silberne Terror, Markus’ neues Savage-Worlds-Szenario
- Das 25-Jahre-DORP-Motiv auf Getshirts
Der Brettagoge
- Die Brettagoge-Webseite
- Der erwähnte Gastbeitrag von uns, nun direkt hier auf der DORP
Und irgendwie auch erwähnt haben wir …
//Mäzenatenschau-Musik: Alexander Nakarada – Jokull | www.creatorchords.com | https://youtube.com/@anakarada
//Der DORPCast gibt die Privatmeinung von Michael und Thomas wieder.
//Hinweis: Alle Amazon-Links auf dieser Seite sind Teil des Affiliate-Programms und ein Anteil des Verkaufspreises kommt der DORP zugute.
Ihr habt natürlich das absolute Universalsystem vergessen – Rolemaster!!!
Ist das denn über MERS hinaus mal so genutzt worden? Erzähle mehr!
Moin zusammen,
was ihr meine Meinung nach vergessen habt, ist https://www.modiphius.net/. Dort gibt es inzwischen 10+1 Systeme, die alle auf dem 2w20 basieren. Ich habe davon bisher zwei gespielt. Zum einen Conan und anderen Star Trek Adventures. Beide habe mich sehr abgeholt, obwohl das Setting kaum unterschiedlicher sein könnten. Ich mag besonders das Gefühl, dass die Charaktere schon eine gewisse Kompetenz aufweisen.
Zudem ist der Regelkern so klar, dass der Einstieg in Conan einfach war, weil ich eben schon Star Star Trek kannte. Leider ist die Lizenz für Conan ausgelaufen, darum steht da auch 10+1. Vielleicht mag ich hier noch jemand der es gespielt hat Dune äußern, was auch 2W20 ist.
Das habe ich tatsächlich bewusst nicht genannt, weil die Unterschiede zwischen den 2d20-System von Modiphius teils sehr stark sind. Das ist einerseits gut, da sie die Systeme auf die Bedürfnisse der einzelnen Settings zuschneiden können, aber die tatsächliche übergreifende Vergleichbarkeit der Spiele auf der Basis ist eher schwer.
Beispiele für die angesprochenen Weltenspringer-Settings wären The Strange (Cypher System) und Infinite Worlds (GURPS).
Auch das Cypher-System ist so ein Zwischending, sowohl als Universalsystem erschienen, als auch das Haussystem für Monte Cook Games.
Michael hat das ja schon angesprochen, dass es etwas anderes ist, wenn man Aventurien mit DSA, D&D oder Savage Worlds bespielt. Ich widerspreche dass Spieler:innen detaillierte Regeln haben wollen, nur weil sie Aventurien als erstes mit DSA bespielt haben. Manchen liegt es einfach, manchen weniger. Aber was definitiv stimmt ist, dass verschiedene “Universal-“Systeme ein unterschiedliches Spielgefühl vermitteln.
Ich finde den Begriff Universalsysteme daher inzwischen irreführend. Besser wäre so etwas wie “Spielgefühl-Systeme”. Je nachdem, welche Art von Geschichte und Spielerlebnis ich haben will (und auch welchen Crunch-Level ich haben will), kann ich das selbe Setting mit unterschiedlichen Systemen bespielen.
So würde ich für eine Drama-Intrigen-Kampagne im Horasreich Fate als sehr passend empfinden, beim Untoten-Metzteln in den schwarzen Landen aber eher zu D&D5 greifen. Wenn ich jetzt den Horror in einem kleinen Dorf in Schwarz-Tobrien erleben wollen würde, wäre vielleicht ein OSR- oder BRP-System passend.
Insofern finde ich auch den Anspruch von settinggebundenen Systemen, dass sie die “beste” Lösung für alle Abenteuer in diesem Setting wären, falsch. Denn auch diese vermitteln ein bestimmtes Spielgefühl besser und andere schlechter. So wie D&D z.B. nicht wirklich das optimale System für eine Geschichte über Straßenkinder in Baldurs Gate wäre und DSA4/5 problematisch wird, wenn man richtig epische Geschichten mit mächtigen Helden haben aber die Komplexität der Charaktere niedrig halten will. Ebenso vermittelt das Warhammer Fantasy RPG ein gänzlich anderes Spielgefühl als die heroischen Geschichten des Tabletops und der Romane.
Auch ob ich eine Pulp-Kampagne mit Savage Worlds, Broken Compass, Fate oder Ubiquity bespiele, wird deutliche Auswirkungen auf das Spielgefühl haben. Als ich noch auf der Suche, nach DEM perfekten System war, habe ich das als Problem gesehen. Inzwischen empfinde ich es als Gelegenheit.
Als offizieller Fate-Fanboy hier, muss ich natürlich meine Weisheiten dazu loswerden.
Erst einmal waren Universalabenteuer in Deutschland durchaus erfolgreich. Der Drachenland-Verlag war mal wirklich relevant. Ich stimme aber zu, dass das Ganze mit d20 zu einem Randphänomen wurde. Was schade ist, denn die Teile sind echt gut. Eine hochwertige Rollenspielsammlung erkennt man in Deutschland an den gelben Buchrücken der Drachenland-Abenteuer.
Überhaupt hat sich d20 und jetzt 5e als de facto Universalsystem etabliert. Man denken an Free League – als die über 1 Millionen € für die zweite Edition von Der Eine Ring einsammelten, sahen sie sich trotzdem genötigt, sofort eine 5e-Version anzukündigen. Das ist das Niveau, auf welchem man sich heutzutage rechtfertigen muss, wenn man kein 5e macht.
Dass das in vielen Fällen ziemlich quietscht, weil D&D doch eine sehr spezielle Form von RSP darstellt, versteht sich leider von selbst. Traurig ist diese Marktverödung.
Es gibt so Kunstprojekte, wo Künstler scheinbare Perpetuum Mobiles bauen – Maschinen, die sehr reibungsarm und im Vakuum betrieben werden und deshalb wirklich monatelang laufen können. Sie sind natürlich keine echten PMs, aber sie sind überraschend nah dran.
Dieselbe Form von Respekt zolle ich GURPS. Das möchte etwas tun, was unmöglich ist. Man kann das System gar nicht ausbalancieren, weil die Attribute, die es verwendet, in unterschiedlichen Welten sehr unterschiedlich mächtig sind. (Im Mittelalter wäre Stephen Hawking einfach gestorben – in unserer Zeit machte er Karriere.) Aber GURPS schafft diese Unmöglichkeit überraschend gut.
Trotzdem halte ich das System für überholt. Die ganze Produktkultur kommt aus einer Zeit vor Wikipedia, als die grandiose Recherche der Quellenbücher extrem hilfreich war. Manche davon sind auch heute noch großartig (z. B. Zeitreise), aber die meisten davon sind aus moderner Sicht irgendwie aus der Zeit gefallen.
Was Werkzeugkästen angeht: Ja, Universalsysteme verkaufen Werkzeugkästen besser als spezifische Welten. Zumindest im Falle von Fate halte ich das aber für ein selbstgeschaffenes Problem, weil die Spielwelten einfach auf Zwang besonders und „hochkreativ“ sein möchten. Da gibt es eben keine klassische EDO-Welt, sondern sowas wie House of Bards.
Damit zu meinem Lieblingssystem. Fate ist ein schönes Beispiel dafür, dass man mit einem System zwar die meisten Welten abdecken kann, aber nicht jedes Spielgefühl. Horror ist in Fate tatsächlich ein Problem, erstrecht kosmizistischer. Das Gefühl eines grausamen Universums kommt einfach nicht gut auf, wenn man sich mit Fate-Punkten vom Universum etwas wünschen kann.
Interessant finde ich auch, dass Turbo-Fate ein noch spezifischeres Spielgefühl anstrebt – nämlich das sehr fiktive, tropengetragene. Für Superhelden, Star Wars oder Ähnliches bietet es sich sehr an. Wirklich exakt passt es auf Harry Potter, wie meine aktuelle Tischrunde bezeugen kann. Tatsächlich passt es so gut, dass ich den leisen Verdacht habe, Evil Hat wollte eigentlich ein HP-Rollenspiel schreiben, aber bekam die Lizenz nicht. (Harry Potter mit Turbo-Fate ist übrigens auch das beste Mittel, dass ich je fand, um Neulinge ins Rollenspiel im Allgemeinen oder Erfahrene in Fate im Speziellen einzuführen. Deswegen leite ich es jetzt ca. einmal im Quartal über Discord.)
Ich liebe das Gurpssystem. Das war mein schönstes Charakter erstellen bisher. Das war ein richtig schönes basteln.
Das klingt interessant. Ich hatte mir als großer Fan der Romane das neue Dune RPG zugelegt, allerdings ohne die anderen Spiele von Modiphius zu kennen.
Ich muss zugeben, dass ich die Regeln bis heute nicht wirklich verstanden habe. Das Designkonzept jeden Konflikt von einer galaxisweiten Verschwörung bis zu einem Messerduell mit der gleichen Mechanik abdecken zu wollen fordert mich doch sehr. Man könnte dadurch zwar sagen es ist ganz klar ein universal System. Gleichzeitig aber auch ein sehr spezielles.
Aus meiner Sicht eignen sich die Universalsysteme nur oder besonders, wenn ich sie auch universell einsetzen möchte. Also entweder wie eine Doctor Who Kampagne. Oder indem ich ständig kurze Kampagnen spiele bei denen ich jedes Mal die ganze Spielwelt versenke. Also so etwas wie die starken Plot Point Kampagnen für Savage Worlds.
An Universalsystemen fiele mir noch das PbtA ein, dass auch für ganz verschiedene Settings genutzt wird.
Grundsätzlich sehe ich es aber auch so, dass ein Universalsystem immer mit einem bestimmten Spirlgefühl daherkommt. Ein und dasselbe Setting mit SW FATE oder GURPS zu bespielen dürfte ein sehr verschiedenes Erlebnis sein.
Ein weiters Universal-System, was noch nicht genannt wurde, ist das TriStat-System, welches ich hauptsächlich aus Big Eyes, Small Mouths (BESM) kenne. Das TriStat-System ist ein Punktekaufsystem und dreht sich um drei Werte: Mind (Geist), Body (Körper) und Soul (Seele).
BESM ist dabei ganz klar mit der Intention geschrieben worden Anime Settings und Stories zu spielen. Theoretisch spricht nichts dagegen mit dem System auch klassische Fantasy zu spielen.
Balancing kann ein Problem sein, daher gibt das Spiel Min-Max Empfehlungen für diverse Werte, abhängig davon auf welchen Power Level man spielen will, damit man auch mit seinem Mecha gegen Magical Girls gegen Mystische Kampfkünstler gegen Dämonen gegen Cyborgs kämpfen kann.
(Übrigens basiert das Sailor Moon Rollenspiel auf der 2. Edition von BESM.)
Als ich gestern noch kurz bei Thomas war, fiel ihm noch das Unisystem ein, auf dem z.B. All Flesh Must Be Eaten (und u.a. Buffy the Vampire Slayer, Ange,CJ Carella’s WitchCraft, Army of Darkness) basiert, mit einem klaren Fokus auf Horror, bzw. Übernatürliches.
Ebenso ein Punktekaufsystem, bei dem Punkte auf drei physische (Strength, Dexterity, Constitution) und drei mentale (Intelligence, Perception, Willpower) Attribute verteilt werden.