Hallo zusammen!
Anstatt des üblichen einen, großen Themas stehen heute drei kleinere Themen auf dem Plan. Zählt das schon als Kaffeeklatsch? Michael und Thomas finden ja – und reden über Virtual Reality, Fan-Adaptionen bekannter Marken und Comics. Ja, die Folge hat wirklich keinen roten Faden …
Trotz dieses wilden Potpourris gibt es irgendwie dennoch Themen vor dem Thema, natürlich zudem die Medienschau, und es wäre kein DORPCast ohne Timecodes, weiterführende Links und Infos unten in den Shownotes.
Viele Grüße,
eure DORP
DORPCast 228: Drei wild gemischte Espresso (Kaffeeklatsch 17)
00:00:36 Intro
00:01:22 Feedback-Schleife
00:04:02 Die Folge die (nicht) sein wird
00:04:17 Die RatCon 2023
00:06:15 Medienschau: The Menu
00:13:12 Medienschau: Scream (1996)
00:17:17 Zu den Themen
00:17:25 Virtuelle Realitäten
00:18:16 Die VR Sandbox
00:20:55 Wie war’s?
00:25:54 Maßstäbe
00:28:00 Eine unerwartete LARP-Parallele erscheint. Sie ist sehr effektiv.
00:29:47 Themenwechsel: Homebrew-Projekte zu bestehenden Marken
00:31:33 Ist es einfacher, ein Rollenspiel zu einer bestehenden Welt zu erschaffen?
00:33:44 Ist das Fan Fiction?
00:35:15 Eine vorgefertigte Zielgruppe
00:35:53 … dafür gehört es dann am Ende halt nicht wirklich dir
00:36:26 Eigene Erfahrungen?
00:37:42 Mini-Fazit Fan-Adaptionen
00:39:04 Unsere Comic-Sozialisierung?
00:39:23 Scorps Weg
00:42:31 Thomas’ Weg
00:45:21 Mini-Fazit Comics
00:45:54 Deckel drauf?
00:46:05 Sermon 3.6
00:46:50 Adieu!
Aus der Medienschau
- Scream (Trailer | Der Ausschnitt, den wir in der Folge erwähnen | Bei Amazon kaufen )
- The Menu (Trailer (explizit ohne den in der Folge diskutierten Spoiler) | Disney Plus)
Außerdem erwähnt …
- Hier könnt ihr mehr über Sandbox VR erfahren.
- Hier geht es zur offiziellen Webseite der RatCon
//Mäzenatenschau-Musik: Bryan Teoh – Trip Up North
//Der DORPCast gibt die Privatmeinung von Michael und Thomas wieder.
//Hinweis: Alle Amazon-Links auf dieser Seite sind Teil des Affiliate-Programms und ein Anteil des Verkaufspreises kommt der DORP zugute.
Als Autor vieler Fate-Adaptionen auf faterpg.de fühle ich mich natürlich besonders berufen, unter dieser Folge zu kommentieren. Eure Perspektive war auf jeden Fall spannend.
Was mich wunderte, war, dass es euch immer direkt um ganze Adaptionen ging. Sind nicht auch eigene Abenteuer in adaptierten Kaufsystemen Fanfiction? Wäre nicht ein selbstgeschriebenes Abenteuer im aktuellen Star-Trek-Rollenspiel schon eine Form von Fanwerk?
Ich frage mich auch, ob dieses Bedürfnis des Abgrenzens am schlechten Ruf der Fanfiction liegt. Den halte ich übrigens für statistisch berechtigt, aber in Einzelfällen nicht. 99 % der FF ist Mist, aber das Internet ist so groß, dass in das übrige Prozent wirklich viel fällt. Es ist selten, aber es gibt echt gute Fanfiction. Es gibt sogar solche, die ich besser finde als das Original. (Harry Potter and the Methods of Rationality wäre hier das Standardbeispiel.)
Historisch bemerkenswert finde ich, dass Fanwerk ein modernes Phänomen ist. Die Abgrenzung zwischen „echten“ Schöpfern und Fans ist schließlich ein Resultat heutigen Urheberrechts. Früher gab es diese Trennung nicht. Erstrecht in primär mündlichen Kulturen war jeder Erzähler ein Schöpfer. Auch verschriftlichte Werke waren ohne Urheberrecht zunächst einmal gleichberechtigt und spalteten sich nur dann auf, wenn klassische Werke offenkundig massiv abgewandelt wurden.
Um ein sehr klares Beispiel zu wählen, und ich meine das in keiner Form spöttisch, sondern rein deskriptiv: Nach heutiger Analyse ist das Johannes-Evangelium Jesus-Fanfiction. Es folgt auch typischen Trends in der Fanfiction. Es übernimmt bspw. Konzepte der synoptischen Evangelien und dreht ihr Machtniveau massiv nach oben.
Die Vorteile der Zugänglichkeit eines Franchise, dass eben alle wissen, worum es in der Welt geht, erlebe ich als zweischneidiges Schwert.
Wenn tatsächlich alle es kennen, dann läuft das Spiel sehr viel runder. Alle haben eine Vorstellung davon, was für Möglichkeiten ihre SCs in der Welt haben.
Leider können gerade passive Unterhaltungsmedien Leute in eine Geisteshaltung versetzen, in der sie ihr Verständnis von der Spielwelt massiv überschätzen – analog zum Unterschied zwischen passivem und aktivem Sprachniveau.
Ich hatte vor kurzem eine Stargate-Runde, die genau daran scheiterte. Selbst die Spieler, die meinten, die Welt gut zu kennen, hatten sie schon in Ansätzen nicht gut genug verstanden, um aktive Entscheidungen zu treffen. Stargate ist da vielleicht extrem, weil es eine Serie der alten Schule ist. Ich kann die meisten Folgen einzeln anschauen und mich berieseln lassen, ohne die Gesamtheit der Serien kennen zu müssen. Also reicht rein passives Verständnis aus.
Diese Zugänglichkeit ist im RSP nicht gegeben, weil SCs schon irgendwann mal eine Entscheidung treffen müssten.
Ich hätte aber noch einen weiteren, wenn auch seltenen Vorteil von Fanwerk beizutragen:
Meine beliebteste Fate-Adaption ist die von Harry Potter. Früher bedauerte ich sehr, dass es kein offizielles HP-Rollenspiel gibt, denn damit hätte man viele Neulinge gewinnen können. Seit JKR sich als… ähem… furchtbar herausgestellt hat, bin ich ganz froh darüber, gespielte Fanfiction anzubieten.
Es ist eine Sache, Autor und Werk zu trennen, aber eine andere, wenn der Autor von dem Werk noch finanziell profitiert. Das macht der Unterschied zwischen JKR und Waldemar Bonsels, dem ultra-antisemitistischen Autoren der Biene Maja (https://unprominente.de/2021/06/22/waldemar-bonsels-erfinder-der-biene-maja-und-antisemit/).
Insofern ist gibt es seltene Fällen, in denen unkommerziell zu sein, durchaus ein Wert an und für sich sein kann.
Ich denke mal, dass die Unterscheidung zwischen dem Bau eines eigenen Settings oder Regelwerks gegenüber eines Abenteuers die Schöpfungshöhe des Projektes ist. Die Abgrenzung dazu ist aber in der Tat schwierig, immerhin schafft man sich ja mit seinem Werk im Kanon eines anderen Projektes einen eigenen Platz. Mir fällt es jedenfalls sehr viel leichter bzw. schneller ein Abenteuer zu einem bekannten System oder ein Monster zu einem bestehenden Regelwerk zu verfassen, als ein System zu einer IP zu schreiben und aufzubereiten. Mal abgesehen von On-the-Fly-Setting bei Fate oder Savage Worlds, bei denen man einfach starten kann.
Ein weiterer Vorteil ist, dass man in einem bekannten Universum dennoch mit seinem Werk andere Stränge aufgreifen kann, die sich für die Spielenden vertraut anfühlen, aber dennoch eigenständig sind. Viele offizielle Spin-Offs gehen ja diesen Weg, aber auch Videospiele. Ich erinnere mich etwa an ein Taktikkampf-Rollenspiel zum Herrn der Ringe, bei dem die Gruppe eine Parallelhandlung zu den Gefährten erlebte und immer mal wieder Dinge im Hintergrund forcierte, die den Gefährten dann wie glückliche Zufälle vorkamen.
Lässt sich denn für Michael etwas für das aktive Spiel aus der VR Erfahrung ableiten. Gibt es etwas, dass du vielleicht nun am Spieltisch anders machen würdest?
Nachdem ich fünf Schilling in mein Phrasen- /Thesenschwein geworfen habe, würde ich dennoch einen Punkt des Lichtbringers aufgreifen. Das individuelle Verständnis einer Spielwelt kann eine Chance aber auch ein Risiko sein. Das trifft natürlich auch für Neuschöpfungen in einer bestehende Spielwelt zu.
Kritisch wird es beispielsweise dann, wenn völlig unterschiedliche Konzepte einer Spielwelt die Vorstellungen innerhalb einer Runde dominieren. Shadowrun bietet dafür einige Möglichkeiten. Zum Beispiel das Spannungsfeld zwischen Anarchistischem Chaos und konzernbeherrschtem Überwachungsstaat. Die Rolle von Schattenläufern oder die Normalität von Cyberware kann ebenfalls völlig unterschiedlichen Interpretationen folgen. Generell sind Rechtsverständnis und die Stellung der Obrigkeit auch ein beliebtes Missverständnis in Fantasy Welten. Das ist einer der Punkte, die meines Erachtens von offiziellen Publikationen illustriert werden können.
Wie jedoch die graduelle Abstufung von Hintergrundwissen Spieler daran hindern sollte Entscheidungen zu treffen, ist mir noch nicht klar. Ich würde vermuten, das mangelhaftes Hintergrundwissen eher die Normalität darstellt. Inwieweit stellt das für Stargate im Speziellen ein Problem dar?
@Shadowrun: Hier kann es alleine schon reichen, mit welcher Edition von Shadowrun man eingestiegen ist, um ein ganz anderes Gefühl für die Welt, die Position der Shadowrunner in ihr und deren Aufgaben zu erhalten. Während die ersten beiden Editionen noch stark von Neuromancer und abgefuckten Punk gegen das System beeinflusst waren, zielten spätere eher auf Söldnerspiel (this is just a job), bis zu Transhumanismus (zeige deine Individualität durch Technollogie). Thomas’ Shadowrunrunde mit seinem pizzalieferndem Hacker oder meine mit dem knallharten Orkkämpfer mit Schrotflinte finden theoretisch im gleichen Setting statt, setzen aber so unterschiedliche Schlaglichter und Bedürfnisse, dass es eigentlich unterschiedler Spiele bedürfte, um diese abzudecken.
@VR: Das ist eine gute und berechtigte Frage. Ich habe zumindest einen unmittelbareren Spieleindruck bekommen, dass ich entscheiden muss, einen taktischen, abstrakten und ruhigen Kampf aus der Ferne zu beachten und das ganze als Puzzle mit Ressourceneinsatz inszenieren zu wollen, um daraus eine bestimmte Spielerfahrung zu ziehen oder das Chaos und die Geschwindigkeit eines Kampfes viel stärker hervorzuheben, in dem der taktisch planende Aspekt völlig wegfällt und die unmittelbare Immersion in den Vordergrund rückt, indem man etwa bei einer Initiative schnell herunterzählt, um Entscheidungen zu erzwingen oder die spielende Person verliert ihre Aktion, Überzahlboni viel stärker zu betonen und Überraschungsgriffe sowie spontan auftauchende Gegner viel viel viel häufiger auftauchen zu lassen. Viel hängt dann vom Spielziel ab und ob der Kampf eine schaffbare Herausforderung sein soll, oder ein Konflikt ums Überleben, der auch unfair sein kann.
Mhm, in der Tat. Das erklärt, warum ich mit meinem SR 2.01 D Verständnis und der Cyberpunkliteratur im Hinterkopf immer Probleme mit diesen ganzen Cybersöldnern der späteren Editionen hatte.